Seit etwa zwei Monaten schwelt die Qatar-Krise zwischen den Staaten am persischen Golf (arabischen Golf), allen voran Saudi Arabien und Qatar.
Die Staaten werfen Qatar eine zu große Nähe zum Iran und die Unterstützung von Terrororganisationen vor und haben Sanktionen gegen Qatar verhängt und sämtliche diplomatischen sowie Handelsbeziehungen zu dem Land unterbrochen. Die Situation ist recht verfahren, denn zu den Forderungen, die die Golfanrainer (Bahrain, Kuwait, Oman, Saudi Arabien und die Vereinigten Arabsichen Emirate) aufstellten, gehören auch solche, die im Westen äußerst umstritten sind, wie zum Beispiel die Schließung des Fernsehsenders Al Jazeera, der im Verdacht steht, einseitig positiv über Terrororganisationen zu berichten. Egal ob er das tatsächlich tut oder nicht, westlichen Staaten fällt es schwer solche Forderungen zu unterstützen, denn die Pressefreiheit gilt als sehr hoher Wert.
Alle Länder inklusive Qatar gehören zum Golf Cooperation Council (GCC), eine Art Europäische Union im arabischen Raum. Das zeigt umso mehr, wie verfahren die Situation dort ist. Eine solche Vorgehensweise wäre in der Europäischen Union undenkbar. Und so hält sich der Großteil der restlichen Welt aus diesem Konflikt raus. Unterstützung erhält Qatar aus der Türkei und aus dem Iran. Qatar wurde weitestgehend von den anderen isoliert, allerdings ist der Grad der Abhängigkeit von seinen Nachbarn überschaubar. Die Landesgrenzen sind geschlossen, doch die gibt es ohnehin nur nach Saudi Arabien. Flugverbindungen aus den anderen Ländern sind gestrichen, es gilt ein Überflugverbot für die anderen Länder (inklusive Ägypten, das sich angeschlossen hat) für Qatar Airways. Doch Qatar ist eine Halbinsel im Persischen Golf und so können die Sanktionen umgangen werden, wenn sie auch enorme Umwege provozieren. Das bedeutet höheren Kerosinverbrauch und Verspätungen durch Umwege. Die Versorgung aus dem Iran erfolgt über die Seeverbindung, die Türkei bringt Güter per Flugzeug ins Land. Die Blockade trifft auch kaum die Gasexporte, außerdem hat es Qatar verstanden, sich deutlich unabhängiger vom Gasexport zu machen, als seine Nachbarn vom Ölexport. Die Staatsfonds des Landes sind an vielen westlichen Firmen beteiligt.
Saudi Arabien wirft Qatar bereits seit Jahren die Nähe zum Iran vor, führt der Staat doch im Yemen einen Stellvertreterkrieg gegen den Iran. Saudi Arabien ist ein streng gläubiger sunnitischer (wahhabitischer) Staat, Iran (und auch Qatar) sind schiitisch geprägt. Interessant ist der Zeitpunkt der Eskalation kurz nach dem Besuch des US-Präsidenten Donald Trump. Ob ein Zusammenhang besteht oder nicht, ist nicht sicher, doch scheinbar fühlte sich Saudi Arabien in seiner Position bestätigt. Das Pikante an dieser Geschichte: Die USA unterhalten ihre größte Militärbasis der Region mit vermutlich ca. 11.000 Mann und der längsten Start- und Landebahn der gesamten Region (wichtig für große Transportflugzeuge) in Qatar. Eine Isolierung des Landes kann also nicht im Sinne der USA sein. Auch die Türkei unterhält dort übrigens eine Militärbasis. Andererseits werfen viele auch Saudi Arabien die Unterstützung von Terrororganisationen vor. Ist das also möglicherweise nur ein Ablenkungsmanöver?
In den Vergangenheit galt stets, dass der Ölpreis steigt, wenn es zu Spannungen in der Region kommt. Der derzeit niedrige Rohölpreis macht vielen Golfstaaten, allen voran Saudi Arabien große Probleme, die Staatshaushalte sind tief im Minus und ein (deutlich) höherer Ölpreis wäre für so manchen Machthaber der Region wünschenswert. Fakt ist aber: seit Beginn der Krise hat sich der Ölpreis wenig bewegt.
Wie also kann diese verfahrene Situation gelöst werden? Keine der Seiten will ihr Gesicht verlieren. Andererseits steht aber auch kaum eine Seite unter so enormem Druck, dass sie kurzfrisitg nachgeben müsste. Hier ist viel Fingerspitzengefühl und Diplomatie gefragt, vermutlich aus dem Westen. Immerhin ist die GCC der wichtigste Handelspartner der EU in der Region. Dazu kommen geostrategische Interessen und die Hoffnung, dass Ruhe in die Region kommt, ist sie doch durch den Konflikt mit Israel ohnehin schon dauernd am köcheln.
Wie bei so vielen Konflikten gilt: die Zivilbevölkerung leidet am meisten darunter. So hat nun die große Pilgerreise (Hajj, Haddsch) nach Mekka begonnen und die Qataris sind davon ausgeschlossen. Interessanterweise werden aber in diesem Jahr große Pilgergruppen aus dem Iran erwartet.